Mein lieber B.,
es heißt ja, dass die Wahrheit im Wein liegt. So weit so gut. Klar ist, dass der Wein die Zunge lockert und so den ein oder anderen dazu verlockt mehr über sich und seine Ansichten preiszugeben als er es eigentlich täte. Aber ob man dann Wahrheit spricht? Ich weiß es nicht.
Was aber bedeutet der Charakter eines Weins? Das frage ich mich seit einiger Zeit. Oft wird der Wein mit Frucht- und Gewürzanalogien charakterisiert. Was man nicht für Beeren, Vanille oder sogar Schokolade schmecken kann. Das hilft mir meist wenig. Manchmal wird Wein auch als knackig bezeichnet. Nun gut - das liegt noch relativ nah am Geschmack und ich kann mir das Geräusch beim Biß in einen Apfel oder einen wohlgeformten Po vorstellen und würde diesen Wein wahrscheinlich einer Gewürzgurke vorziehen.
Aber: kann ein Wein wirklich wild sein. Was macht den Wein wild? Wilder Wein ist kein Kulturwein und soweit ich weiß, nutzt man ihn nicht zur Produktion des guten Tropfens.
Also soll mit wild sicherlich Freiheit, Eigenständigkeit und Stärke assoziiert werden. Und lustigerweise funktioniert das bei mir. Einen wilden Wein würde ich spontan kaufen. Egal ob weiß oder rot oder rose. Wild erscheint mit viel besser als die genannten Gewürzanalogien oder gar pelzig.
Wobei … was wild ist, hat meist auch Pelz? Oder?